Aktiv & Vital KW 9/23

Unser Tipp

In loser Reihenfolge bieten wir Anregungen zum Thema Spielen an.

Liegt die Wurzel von Kultur im Spiel?

„Spielen“ ist eine Vokabel, die eher der Kindheit, dem Sport, der Sucht und insgesamt dem Zweckfreien zugeordnet wird – im Gegensatz zum Machen, Schaffen, Erzeugen und Arbeiten. „Spiel“ im Sinne des Kulturhistorikers Johan Huizinga „ist eine freiwillige Handlung oder Beschäftigung, die innerhalb gewisser festgesetzter Grenzen von Zeit und Raum nach freiwillig angenommenen, aber unbedingt bindenden Regeln verrichtet wird, ihr Ziel in sich selber hat und begleitet wird von einem Gefühl der Spannung und Freude und einem Bewusstsein des ‚Andersseins‘ als das gewöhnliche Leben“ (Johan Huizinga: Homo Ludens, 1938). Der „Homo ludens“, den Huizinga beschrieb, ist ein spielender und dadurch schöpferischer Mensch.

In jedem Alter, zu allen Zeiten

Man kann vermuten, dass der Mensch schon vor dem Entwickeln der Sprache gespielt hat. Hund und Katze spielen und haben keine Sprache in unserem Sinne entwickelt. Der Säugling spielt in den ersten Wochen seines Lebens zweckfrei, zum Vergnügen, freiwillig und zur Entspannung. Das hat schon der frühe Mensch gemacht. So wurden aus der Jungsteinzeit stammende Brettspiele aus dem fünften Jahrtausend vor Christus gefunden. Auf Zypern und Kreta waren Brettspiele wie unser heutiges Mühlespiel im zweiten Jahrtausend vor Christus bekannt. Sportspiele gibt es spätestens seit der griechischen Kultur in Form der Olympischen Spiele. So ist die Spielfreude unserer Vorfahren bis heute durch viele Funde und Schriften bestens dokumentiert. Spiele begleiten Sagen und Märchen, viele Grabbeigaben zeugen von ihrer Bedeutung. Spielfiguren und Würfel wurden aus Holz geschnitzt, aus Lehm geformt, in Tierhäute eingeritzt, aber auch aus Gold und Silber gefertigt und zeugten so vom Reichtum und der Macht ihrer Benutzer.

Spielen erfüllt viele Funktionen

Spiele ohne Zweck und Nutzen, oft in Gesellschaft, prädestinieren den Spieler zum Künstler, zum Musikanten und Maler, zum Kulturschaffenden, zum Grenzgänger in Traum- und Suchtwelten. Spiele begeistern Kinder und Erwachsene und bilden die ganze Breite des menschlichen Lebens ab. Das Spiel mit anderen und allein macht Freude, schafft Gemeinschaft, verbindet Menschen verschiedener Völker schon in der Antike. Spiele sind besonders für Kinder und Jugendliche wichtig, denn hierbei erproben sie soziale Rollen und Regeln, erkennen und festigen ihre Persönlichkeit, lernen fair zu sein, auch wenn man verliert. Deshalb ist das Spielen weder unnütz noch verlorene Zeit. Huizinga reichten die Erklärungen für den Ursprung der Kulturen, die den Menschen in erster Linie als Homo sapiens verstanden, nicht aus und suchte den Ursprung der Kultur auch im „Homo ludens“. Spielen ist für ihn eine grundlegende menschliche Aktivität, die Kreativität erfordert und fördert. Spielen auch als vergleichender Wettkampf setzt Energie und Kraft frei und macht so das Spiel zu einer der wichtigsten Ursachen zur Entstehung der Kulturen.

„Der Mensch spielt nur, wo er in voller Bedeutung des Wortes Mensch ist, und er ist nur da ganz Mensch, wo er spielt.“

Friedrich von Schiller

Quelle: Senioren-Info Spätlese